Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex für Zukunftssicherheit im Verlag

» Hier « können Sie den Brachenleitfaden Nachhaltigkeit für Verlage herunterladen.

Dies ist Teil 2 einer Serie zum Thema Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility, die im Buchreport erschienen ist:

Teil 1: »Wieso Corporate Social Responsibility die Zukunft Ihres Verlags sichert«
Teil 2: »Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex für Zukunftssicherheit im Verlag«
Teil 3: »Nachhaltigkeit organisieren und managen«
Teil 4: »Die zwei Pole unternehmerischen Erfolgs nachhaltig gestalten«.
Teil 5: »Nachhaltigkeit ohne ganzheitliche Perspektive ist keine«

Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility sind vielschichtige, aber zentrale Themen und eine strategische Notwendigkeit, um Verlage zukunftsfähig zu positionieren. Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex bietet als Berichts- und Transparenzstandard Rahmen und Möglichkeiten, Verlage für die Zukunft fit zu machen.

Wie Medienhäuser sich den Herausforderungen von Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) stellen und gleichzeitig die sich bietenden Chancen wahrnehmen können, beschreiben Markus Wilhelm und Olaf Deconinck in dieser Beitragsserie. Der vorliegende zweite Teil befasst sich mit dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex, einer Plattform, die eine individuelle Berichtserstellung erheblich erleichtert. Teil 1 »Wieso Corporate Social Responsibility die Zukunft Ihres Verlags sichert« lesen Sie hier.

Es wird immer schwieriger, über Zukunftsfähigkeit zu sprechen, wenn all die aktuellen Krisen und Herausforderungen den zeitlichen Horizont der Frage »Wo wollen wir als Verlag in Zukunft stehen?« auf den Kopf stellen. Wenn Zukunft nicht mehr – wie wir es kennen – die nächsten Jahre betrifft, sondern wenn heute für nächste Woche oder übernächsten Monat entschieden wird, da wir weiter kaum noch schauen können. So bekommt die strategische und langfristig gedachte Handlung eine neue Dimension, wird kurzfristiger, wenn nicht gar völlig zur Glaskugelleserei, und vielfach ersetzt das operative Krisenmanagement die Strategie.

Aber dennoch: Auch wenn die langfristige Planung momentan – oder auch gar nicht mehr – möglich ist und sich damit auch das vielfach interpretierte »unternehmerische Denken und Handeln« verändert, müssen Verlage an ihre unternehmerische Zukunft denken und Lösungen finden, um diese zu gestalten. Trotz all dieser Herausforderungen und im wörtlichen Sinne über das Morgen und Übermorgen hinaus. Dazu gehört es auch, die relevanteste und größte Krise, die Klimakatastrophe, in den unternehmerischen Blick zu nehmen. Denn sie ist, wie alle anderen Krisen auch, täglich spürbar und diktiert dringenden Handlungsbedarf.

Nachhaltiges Handeln – mehr als ein Schlagwort

Nachhaltigkeit ist das Schlagwort, um das es in diesem Zusammenhang geht, und dem man kaum entkommen kann, wie wir schon im ersten Beitrag dieser Reihe festgestellt haben. Aber tatsächlich ist Nachhaltigkeit eben mehr als ein Schlagwort, vielmehr ist es ein Kernthema für Verlage, da hier großes Potenzial für Zukunftssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit liegt. Und nicht zuletzt natürlich auch ein Potenzial für die Zukunft unseres Planeten.

Zugegeben, ein komplexes Thema, zumal der aktuelle Nachhaltigkeitsbegriff nicht nur Umwelt- und Naturschutz umfasst, sondern gleichermaßen ökonomische und soziale Aspekte mit einschließt. Der eigene Handlungsrahmen und die Verantwortungsgebiete sind im Sinne dieses Nachhaltigkeitsverständnisses vielfältig, die gesetzgeberischen Entwicklungen nicht immer einfach zu verstehen und die gesellschaftlichen Erwartungen, repräsentiert durch Kundeninnen und Kunden, Autorinnen und Autoren und andere Stakeholder, so sensibel und leicht zu erschüttern wie ein Seismograph.

Dieser Dreiklang von Ökologie, Ökonomie und Sozialem nennt sich Corporate Social Responsibility (CSR) und beschreibt damit den aktuellen und zeitgemäßen Nachhaltigkeitsbegriff. Um diesen Dreiklang umfassend zu bearbeiten, sollten sich Verlage 3 schlichte Fragen stellen:

wir tun oder lassen? Die erste Frage nimmt die Selbstverpflichtung, die zweite gesetzgeberische Vorgaben und die letzte Frage die Stakeholder-Erwartungen in den Blick.

Natürlich eröffnen sich bei aller Schlichtheit dieser Kernfragen im Zuge ihrer Beantwortung durchaus komplexe Aufgaben und Anforderungen rund um die relevanten Themen. Die gute Nachricht: Es gibt hilfreiche Lösungsmöglichkeiten. Ein konzeptioneller Ansatz, mit dieser Herausforderung umzugehen, sich ganzheitlich und strategisch mit dem Thema CSR zu befassen und das Unternehmen nachhaltig und resilient aufzustellen, ist der Deutsche Nachhaltigkeitskodex, kurz DNK.

Was ist der Deutsche Nachhaltigkeitskodex?

Der DNK ist ein Berichts- und Transparenzstandard, der den Aufbau einer Nachhaltigkeitsstrategie unterstützt und einen Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung bietet.

Die Geschäftsstelle des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE) in Berlin, eines Beratungsgremiums mit Mandat der Bundesregierung, konzipiert und organisiert alle Aktivitäten rund um den DNK. Unterstützt wird sie dabei vom Rat für Nachhaltige Entwicklung. Der RNE ist direkt dem Kanzleramt zugeordnet, seine zentrale Rolle ist es, die Bundesregierung bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie zu beraten. Zudem führt der RNE Projekte durch, »um Nachhaltigkeit wirksam in der Gesellschaft und Wirtschaft zu verankern.«

Dies bedeutet: Der DNK ist ein von der Politik unterstütztes Instrument, um Wirtschaftsunternehmen den Weg in die nicht-finanzielle Berichterstattung zu ermöglichen und zu erleichtern. Dabei erfüllt der DNK alle wesentlichen Voraussetzungen, um die aktuellen und kommenden politischen Anforderungen zu erfüllen, u. a. aus dem CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG), der ganz aktuell von der Europäischen Union verabschiedeten Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und anderen Verordnungen, Richtlinien und Gesetzen.

Der DNK ist einer von verschiedenen – auch internationalen – Standards. Vielen bekannt ist die bereits 1997 gegründete Global Reporting Initiative (GRI) bzw. der GRS-Sustainability Reporting Standard (GRI-SRS), der sich unterteilt in universelle und themenspezifische Standards und insgesamt 86 Indikatoren umfasst. Wesentlich ist, dass der GRI-SRS auf Erfolgsmessung (Performance Standards) beruht, also darauf, zu benennen, was ein Unternehmen im Sinne der Nachhaltigkeit leistet. Dafür definiert es auch Kennzahlen (KPIs).

Auch die Sustainability Development Goals (SDG) der UN bzw. die Agenda 2030 des Bundes mit ihren 5 Schwerpunktthemen »Menschen, Planet, Frieden, Wohlstand und Partnerschaft« und ihren 169 Unterzielen beziehen die GRI-Indikatoren mit ein und bilden die nächste Ebene.

Die SDGs selbst »richten sich an alle: die Regierungen weltweit, aber auch die Zivilgesellschaft, die Privatwirtschaft und die Wissenschaft«.

Die Indikatoren sind komplex und umfangreich.

Die Ausrichtung auf so unterschiedliche Stakeholder macht es nicht immer einfach, den für die jeweilige Zielgruppe (u. a. Unternehmen, Hochschulen, staatliche Organisationen) passenden Handlungsrahmen abzuleiten. Kurz gesagt: SDGs und GRI-SRS-Indikatoren sind komplex und umfangreich.

Hilfreich: Der DNK reduziert die Komplexität

Genau hier setzt der Deutsche Nachhaltigkeitskodex an, kuratiert die für Unternehmen relevanten Aspekte und fasst sie in die 4 Kernbereiche

sowie 20 Unterziele zu einer Konzeption für eine nicht-finanzielle Berichterstattung zusammen (siehe Bild) und stellt 28 relevante Global Report Initiative-Indikatoren dazu.

Zentraler Vorteil: Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex reduziert die Komplexität für Unternehmen, hilft zu strukturieren und Nachhaltigkeit besser handhabbar und transparent zu gestalten. So führt er direkt zu einer umfassenden Beschäftigung mit dem Thema Corporate Social Responsibility und kann unterstützen beim Start eines Change-Prozesses, der deutlich weiter über die nicht-finanzielle Berichterstattung und den Umweltschutz hinausgeht und zu mehr führt als dazu, Bücher auf FSC-Papier zu drucken.

Erst sinnen, dann beginnen

Bei aller vorgedachten Konzeption sind Verlage gut beraten, sich an den Leitsatz »Erst sinnen, dann beginnen« zu halten. Denn ganzheitliche Nachhaltigkeit ist und bleibt anspruchsvoll in der Umsetzung, so wie jedes harte Training hin auf ein großes Ziel.

Es handelt sich um einen Change-Prozess, zu dem unter anderem die Messung und Ermittlung des eigenen unternehmerischen CO2-Fußabdrucks gehört, der ein zentraler und seinerseits ein komplexer Gegenstand der nicht-finanziellen Berichterstattung ist. Schon hier gilt es, Grenzen in der Wertschöpfungskette zu ziehen, die sogenannten Scopes zu definieren und also zu schauen, von wo bis wohin das Unternehmen messen und berichten will.

Daneben stößt man im Deutschen Nachhaltigkeitskodex unter dem Kernthema Strategie auf Fragen, die an das unternehmerische Selbstverständnis gehen und auf Vision, Mission und Strategie des Unternehmens zielen. Und dieser Dimension sollte sich ein Unternehmen nicht zufallsgetrieben nähern, sondern planvoll und mit der nötigen Motivation, um in der Folge tatsächlich die notwendige Kondition für das Fitness-Programm »Nachhaltigkeit« aufzubauen.

Ein Schritt auf dem Weg zur Veränderung

Der DNK bietet aber noch einen weiteren Vorteil: Er basiert auf dem »Comply or Explain«-Prinzip.

Es muss nicht jeder das Rad neu erfinden.

Dies bedeutet: Das berichtende Unternehmen formuliert nicht nur, welche Anforderungen es bereits im Sinne der Nachhaltigkeit erfüllt (comply), sondern auch – und das ohne erhobenen Zeigefinger –, warum es bestimmte Anforderungen (noch) nicht erfüllt (explain).

Kurz gefasst: der DNK-Ansatz basiert auf folgendem Grundverständnis:

Wichtig also: In der nicht-finanziellen Berichterstattung auf Basis des DNK muss ein Unternehmen den sprichwörtlichen »Mut zur Lücke« haben. Das Interessante dabei ist, dass mit der Begründung, warum man etwas nicht berichtet hat, die Überlegungen beginnen, ob es nicht besser wäre, genau das zu haben, was noch fehlt. Und das ist ein wesentlicher Schritt hin zur Veränderung. Das ist Change.

Wie schon gesagt, auch mit dem für alle Unternehmen und Branchen ausgelegten Konzept des Deutschen Nachhaltigkeitskodex ist und bleibt das Thema komplex genug – aber machbar. Und, noch eine gute Nachricht: Auch hier gibt es erweiterte Optionen, denn die Geschäftsstelle des RNE bietet die Möglichkeit, das DNK-Konzept an branchenspezifische Anforderungen anzupassen und zu ergänzen.

Grundanforderung ist, dass diese branchenspezifische und erweiterte Konzeption des DNK aus der jeweiligen Branche selbst heraus erarbeitet wird. Dieser Aufgabe stellen sich seit einigen Monaten die Publisher Consultants zusammen mit dem WWF (Worldwide Fund for Nature) und Branchenpartnern (u. a. Penguin Random House Verlagsgruppe (München), Hochschule der Medien (Stuttgart), LEIPA (Schwedt), Klopotek & Partner (Berlin).

Ziel ist, einen Handlungsleitfaden zu erarbeiten, der die Besonderheiten der Verlagsbranche abbildet, an den entscheidenden Stellen den DNK noch zielgenauer konzipiert und dabei gleichzeitig auf die sich verändernden nicht-finanziellen Berichtspflichten abgestimmt ist.

Es muss nicht jeder das Rad neu erfinden. Hier geht es darum, gemeinsam etwas Tragfähiges für die Branche zu gestalten.

Fazit

Am Thema Nachhaltigkeit kommt kein Verlag mehr vorbei – und damit ist kein Lippenbekenntnis zu Umwelt und Naturschutz gemeint. Um ein Unternehmen zukunftssicher und resilient aufzustellen, gilt es, sich ganzheitlich mit Corporate Social Responsibility zu befassen und Fragen rund um Ökologie, Umwelt und Soziales zu klären. Der DNK bietet als konzeptioneller Ansatz hilfreiche Unterstützung auf diesem Weg. Und es ist tatsächlich ein Weg, auf den sich Verlage machen müssen. Veränderung ist angesagt, und es gilt, diesen Change zu managen. Was dazu gehört und wie das gelingen kann, darüber berichtet der nächste Teil dieser Reihe.

Dieser Artikel ist im Original am 11.08.22 im Buchreport-Channel Strategie & Transformation sowie als Printversion im Buchreport-Sonderheft »Dienstleiter« erschienen.

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