Organisation & Transformation: Wandel braucht achtsame Führung
»Organisation & Transformation« ist Teil 6 einer 6-teiligen Serie zum Thema Management und Leadership.
Jedes Unternehmen muss sich jederzeit verändern können. Es reicht aber nicht, diese Transformation in der Organisation und im Skillset des Teams zu verankern. Zum äußeren Change muss der innere kommen.
Da hilft es, wenn die Verantwortlichen den Sorgen der Mitarbeitenden wertschätzend und achtsam auf den Grund gehen.
Der äußere Change ist noch lange kein innerer
Der digitale Fortschritt und die daraus resultierende digitale Transformation sind feste Bestandteile in unserer heutigen (Arbeits-)Welt.
Wie sich diese Tatsache auf die Unternehmensvision, die Strategie und ebenfalls auf die Geschäftsmodelle auswirken kann bzw. bereits ausgewirkt hat, haben wir in den vorangegangenen Artikeln beleuchtet.
Darüber hinaus ermöglichen die neuen Technologien, innovative Lösungen für bisher nicht lösbare Probleme zu entdecken. Ebenfalls verändert sich die Art und Weise, wie wir zusammenarbeiten, radikal. Virtuelle Konferenzräume, cloudbasierte Teamarbeit oder Social Media Marketing – das Miteinander verändert sich. Kunden werden in Echtzeit über neue Produkte und anderes informiert. Kollegen können rund um den Globus per Homeoffice gleichzeitig an einem Projekt arbeiten.
Die neue Technologie ist jedoch Lösung und Problem zugleich. Damit wir nämlich genau jenen technischen Fortschritt, der viel Gutes hervorbringen kann, auch optimal im Unternehmen nutzen können, müssen wir Denkweise und Unternehmenskultur verändern.
Spätestens jetzt wird der Ruf nach einem professionellen Change Management laut. Leider hat sich der Begriff des Change Managements aber mittlerweile fast schon zu einem Buzzword entwickelt. Jeder weiß, dass es notwendig ist, aber an der Umsetzung scheitern dennoch viele Projekte. Dies kann sehr unterschiedliche Gründe haben. Sei es zum Beispiel,
- weil es an notwendigem Methodenwissen fehlt
- weil die Dringlichkeit und das Ziel nicht bekannt sind
- weil die Führungskräfte keine Vorbildfunktion einnehmen
- weil die Mitarbeitenden nicht richtig informiert und eingebunden werden.
Doch auch ein weiterer wichtiger Punkt wird in Bezug auf das Change Management oft vergessen: Jeder Veränderungsprozess, der in einem Unternehmen, in einer Abteilung oder in einem Team stattfindet, bedeutet auch, dass die betroffenen Mitarbeitenden ihren eigenen und persönlichen Change-Prozess durchleben.
Mitarbeitendenverhalten in Veränderungsprozessen – Beispiel aus der Praxis
Die Geschäftsleitung eines Unternehmens möchte die Effizienz in ihrer Firma erhöhen, zwei Abteilungen zusammenlegen und die Aufgaben und Rollen innerhalb dieses Teams neu verteilen. Ein klassisches Beispiel für einen Veränderungsprozess, der unbedingt professionell gesteuert werden sollte.
Warum? Weil die Menschen sich bei Veränderungen zwar ähnlich verhalten, aber sehr unterschiedliche Ängste und Fragestellungen sie beschäftigen können. Daher brauchen manche Menschen länger, bis sie die Veränderung tatsächlich leben. Das 7-Phasen-Modell von Streich zeigt dies sehr gut.
7-Phasen-Modell nach Streich
Wie schnell Mitarbeitende diese Phasen durchlaufen, hängt vor allem von ihrer Persönlichkeit, ihren Bedürfnissen und ihren persönlichen Umständen ab.
Und hier liegt ein wichtiger Knackpunkt für erfolgreiches Change Management: Jede Führungskraft und jeder Change Manager muss akzeptieren, dass die Menschen unterschiedlich sind und jeder Betroffene unterschiedlich viel Zeit benötigt, um seine Ängste zu überwinden, die Veränderung zu akzeptieren und schließlich die Veränderung als etwas Selbstverständliches zu integrieren. Ebenfalls sollten sich Führungskräfte immer wieder die Frage stellen: In welcher Veränderungsphase befinde ich mich persönlich? Lebe ich die Veränderung als Vorbild oder stecke ich selbst noch in der Phase der Ablehnung?
Aber was bedeutet dies nun für das Veränderungsmanagement? Heißt das etwa, dass individuelle Methoden zur Befriedigung aller Bedürfnisse entwickelt werden sollen?
Wertschätzende Begleitung
Nein, natürlich muss ein Veränderungsprozess vorangetrieben werden und es kann nicht 100 individuelle Varianten geben, um dies zu tun. Jedoch unterstützen die richtige Kommunikation, die konsequente Einbindung der Mitarbeitenden und die wertschätzende Begleitung durch die Führungskraft den Prozess und die Akzeptanz enorm. Und als Führungskraft, Multiplikator oder Change Manager ist es meine Aufgabe, das Verhalten der Mitarbeitenden achtsam und wertschätzend zu hinterfragen. Habe ich beispielsweise einen Mitarbeitenden, der sich der notwendigen Veränderung verweigert, dann ist es hilfreich, zunächst die möglichen Beweggründe für dieses Verhalten zu hinterfragen. Welche Sorgen, Nöte und Ängste sorgen dafür, dass es zu diesem Widerstand kommt? Welche Maßnahmen, sei es durch ein Coaching, eine Schulung oder einfach durch ein offenes Ohr für seine Probleme, kann ich ergreifen, um den Mitarbeitenden in die nächste Phase zu begleiten? Wen kann ich evtl. als Sparringspartner oder Paten einbinden, um den Mitarbeitenden zu unterstützen?
Mitarbeitende, die sich wirklich „gehört“ fühlen und die spüren, dass ihre Sorgen und Nöte ernst genommen werden, entwickeln eine deutlich größere Bereitschaft zur Veränderung.
Ebenfalls führt der wertschätzende und achtsame Umgang dazu, dass sich die gewünschte positive Einstellung zu Veränderungsprozessen in der Unternehmenskultur verankert.
Und abschließend gilt es auch, ehrlich mit sich und den Mitarbeitenden zu sein. Es wird nicht immer gelingen, alle Mitarbeitenden für die notwendigen Veränderungen zu begeistern und Widerstände aufzulösen. Wenn alle Methoden ausgeschöpft sind, dann gilt es hier noch viel mehr mit Wertschätzung eine gemeinsame Lösung zu finden und in beiderseitigem Interesse die Zukunft auf getrennten Wegen zu beschreiten.
Praxistipp
Leitfragen zur Analyse des Verhaltens sind zum Beispiel:
1. Welche direkten und indirekten Folgen der Veränderung befürchtet der Mitarbeitende?
Da sind zum Beispiel die Sorge vor Überlastung oder vor Machtverlust bei Zusammenlegung von Teams oder die Angst, nicht mehr gebraucht zu werden, weil Wissensmonopole fallen.
2. Haben wir die Dringlichkeit und Notwendigkeit der Veränderung richtig kommuniziert?
Versteht der Mitarbeitende die Sinnhaftigkeit der Ziele, vertraut er dem Urteilsvermögen des Vorgesetzten?
3. Welche Selbstwirksamkeitserwartung hat der Mitarbeitende?
Wie schätzt er beispielsweise die eigenen Kompetenzen in Veränderungsprozessen ein?
4. Wie sind die bisherigen Erfahrungen des Mitarbeitenden mit Veränderungsprozessen?
Hat er diese positiv erlebt oder eher negative Erfahrungen gesammelt?
5. Wie ist die soziale Unterstützung innerhalb der Organisation?
Welche Lern- und Fehlerkultur gibt es, wie wird intern kommuniziert, werden Ängste und Sorgen ernst genommen oder abgetan?
Fazit
Ja, Veränderung passiert – mit oder ohne unser Zutun. Damit das Endergebnis aber auch zu den gesetzten Zielen passt, sollte jeder Veränderungsprozess gesteuert und mit den richtigen Methoden begleitet werden.
Genauso wichtig ist jedoch auch die innere Haltung der Vorgesetzten, Multiplikatoren und Change Manager. Mit Wertschätzung und Achtsamkeit sowohl in der Kommunikation als auch im Verhalten dem Mitarbeitenden gegenüber können Widerstände erkannt und aufgelöst werden. Und manchmal bedeutet Wertschätzung eben auch, dass man die bisherigen Leistungen anerkennt und sich trotzdem gegen eine gemeinsame Zukunft entscheidet.
Veränderung braucht jedoch in jedem Fall Zeit, diese sollten Sie sich und auch den Mitarbeitenden geben.
Dieser Artikel ist im Original am 01.06.19 im Buchreport-Channel Strategie & Transformation erschienen.
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