Innovation braucht Gestaltungskraft und Struktur
»Innovationen« ist Teil 5 einer 6-teiligen Serie zum Thema Management und Leadership.
Im umkämpften Medienmarkt kann die Innovationskraft eines Verlages zur Überlebensfrage werden. Wie kann der Prozess der Geschäftsmodell- und Produktinnovation rationell und effektiv gestaltet werden?
Innovation fällt nicht vom Himmel und ist nicht nur der überragenden Kreativität Einzelner zu verdanken. Die gute Nachricht dabei: Alle können es, sofern sie strukturierten Abläufen folgen.
Neue Leistungen in umkämpfte Märkte bringen
Jedes Verlags- und Medienhaus kennt es: die eigenen Produkte müssen in einem hart umkämpften Markt angeboten werden. Die Anzahl der Mitbewerber und gleichartiger Produkte ist groß und stellt die Loyalität ihrer Kunden andauernd auf den Prüfstand.
Neben der Weiterentwicklung der bestehenden Geschäftsmodelle kann es daher sinnvoll sein, neue Geschäftsideen zu entwickeln, um sich von der Konkurrenz abzuheben, das Portfolio zu erweitern und den langfristigen Unternehmenserfolg zu sichern.
Eine neue Geschäftsidee zu entwickeln und erfolgreich zu verwirklichen, ist jedoch kein einfaches Unterfangen, denn Ideen und Produkte müssen oftmals parallel zum bestehenden Tagesgeschäft entwickelt werden.
Ihre Herausforderung: stabiles Kerngeschäft bei gleichzeitiger Innovation
Der kreative Schaffungsprozess und die Entwicklung einer neuen Idee nehmen dabei Zeit und ggf. auch bereits eine nicht unerhebliche Menge an finanziellen Mitteln in Anspruch. Zudem kann die eigene Begeisterung für eine neue Idee unter Umständen den objektiven Blick auf die Bewertung des neuen Geschäftsmodells und seine Einordnung in das bestehende Angebotsportfolio trüben. Dies ist bei der Produktentwicklung eine große Gefahr.
Aber wie erkenne ich, dass meine Geschäftsidee auf dem Markt Erfolg haben wird? Und kann man dies überhaupt im Entwicklungsprozess messen?
Projekt- und Kreativteams als Geschwindigkeits- und Qualitätsbooster
Damit eine sorgfältige Entwicklung und detaillierte Analyse und Bewertung eines neuen Geschäftsmodells strukturiert durchgeführt werden kann und nicht im Alltagsgeschehen untergeht, ist es ratsam, ein eigenes Projektteam zu implementieren. Dazu ist es notwendig, im Vorfeld Klarheit über die Rahmenbedingungen und Ziele der Geschäftsmodellentwicklung zu schaffen, zum Beispiel:
- Wie sind die finanziellen und personellen Ressourcen?
- Welcher Zeitrahmen ist gesteckt?
- Welche Meilensteine (Exit-Szenarien) sind definiert?
- Kennt das Projektteam die richtigen Methoden zur Entwicklung von Geschäftsideen und kann es diese auch praktisch einsetzen?
Sind die Rahmenbedingungen und die Verantwortlichen benannt, kann die Gestaltung und Umsetzung des neuen Geschäftsmodells in einem iterativen Prozess erfolgen. Dabei gilt auch für neue Geschäftsmodelle, wie bereits im letzten Artikel zum Thema „bestehende Geschäftsmodelle weiterentwickeln“ beschrieben, die wichtige Regel:
Der Kunde steht im Fokus!
Auch innovative Ideen müssen stets den Nutzen und Mehrwert für den Kunden als wichtigstes Kriterium im Blick behalten.
Methodik der Entwicklung
Das Projektteam sollte also zunächst klären, ob es tatsächlich ein lösenswertes Problem gefunden hat:
- Geht es um etwas, was die Kunden wollen? (Must-have)
- Werden die Kunden dafür bezahlen? Wenn nicht, wer dann? (Rentabilität)
- Ist das Problem lösbar? (Machbarkeit)
Seine Erkenntnisse aus der Markt-, Konkurrenz- und Kundenanalyse bieten eine gute Grundlage für die Entwicklung eines sinnvollen Produktes, denn sie können nun aus vielen möglichen Lösungsansätzen den vielversprechendsten auswählen.
Zur Minimierung des finanziellen Risikos bei der Einführung eines neuen Geschäftsmodells ist es ratsam, zunächst ein »Minimum Viable Product«, einen Prototyp mit den minimal notwendigen Kundenanforderungen zu entwickeln. Mit diesem können Sie die Zuverlässigkeit Ihrer Lösung für das Problem direkt und objektiv im Markt testen.
Dieser Praxisbezug liefert wichtige Erkenntnisse darüber, ob das neue Geschäftsmodell oder das neue Produkt tatsächlich den erhofften Anklang bei der Zielgruppe findet und was die erfolgskritischen Faktoren sind.
Iterative Geschäftsmodellentwicklung
Durch ein derartiges zyklisches „Bauen – Messen – Lernen“ nähern Sie sich kreativ und iterativ, aber dennoch strukturiert und kontrolliert der marktreifen Idee. Es gilt immer wieder aus den Rückmeldungen vom Markt zu lernen und entsprechend zu justieren, erneut am Markt zu testen und die Erkenntnisse in eine stetig besser werdende Version des Prototyps einfließen zu lassen. So können Sie frühzeitig und mit überschaubarem Investitionsaufwand erkennen, ob der richtige Weg eingeschlagen wurde und können rechtzeitig Anpassungen an Ihrem Produkt oder Service vornehmen. Erst für ein objektiv als markttauglich erwiesenes Produkt sollten Sie eine wirtschaftlich vertretbare Skalierung Ihres Geschäftsmodells anstreben.
Dieses strukturierte Vorgehen ermöglicht es, Ihre Ideen zum Leben zu erwecken, gibt Ihnen dabei früh Entscheidungssicherheit und kann verhindern, dass die Ausgestaltung der neuen Idee zum Fass ohne Boden wird. Denn so sehr man von einer neuen Idee begeistert ist, nicht jede Idee lässt sich erfolgreich bis zur Marktreife entwickeln und auf dem Markt einführen.
Dies ist jedoch nicht als Verlust zu werten, sondern als Möglichkeit, aus diesen Fehlern für die Zukunft zu lernen und zu verhindern, dass unnötige finanzielle Risiken eingegangen werden.
Fazit
Um neue Ideen neben dem Tagesgeschäft zu verwirklichen, benötigt es neben aller Kreativität einen strukturierten Rahmen. Im Vorfeld festgelegte Ziele, Verantwortlichkeiten und Rahmenbedingungen schaffen Klarheit und ermöglichen kreative Arbeit in einer sicheren Umgebung. Fundiertes Methodenwissen ist unabdingbar, um den kreativen Prozess objektiv zu steuern. Eine echte Nutzeninnovation lässt sich nur entwickeln, wenn man das Marktumfeld und die Zielgruppe genau kennt. Nicht jede Idee wird sich erfolgreich bis zur Marktreife entwickeln lassen. Der iterative Prozess und die strukturierte Herangehensweise ermöglichen es, objektive Entscheidungen über „Hopp oder Top“ der Idee zu treffen.
Ein Fehlschlag ist nicht schlimm, sondern hilft (beim richtigen Umgang damit) aus den Fehlern zu lernen und dies wirkt sich positiv auf die Fehler- und Lernkultur im Unternehmen aus.
Praxistipp: Wo ist mein Blue Ocean?
Um sich freizuschwimmen und von der Konkurrenz abzuheben, sollte man folgende Ziele anvisieren:
- Erschließung neuer Kundengruppen
- Erschließung neuer Märkte ohne Konkurrenz
- Stärkung der Kundenbindung, indem man die eigene Konkurrenz für die Kunden bedeutungslos macht (Kunde hat keine Alternative)
- Optimierung der Kostenstrukturen, so dass der Preis für den Kunden attraktiver gestaltet werden kann
Die relevanten Praxisfragen lauten:
- In welchen alternativen Branchen könnte ich mich betätigen?
- In welcher strategischen Gruppe (Beispiele: Belletristik, Fachbuch, etc.) befinde ich mich?
- Worin unterscheidet sich das Produkt / Leistungsangebot zu meinen stärksten Konkurrenten?
- Lohnt es sich in eine andere strategische Gruppe zu wechseln?
- Wer ist meine Zielgruppe?
- Ist es möglich, eine ganz andere Zielgruppe anzusprechen und den Markt dadurch für mich zu erweitern?
- Gibt es komplementäre Produkte und Dienstleistungen, die mein derzeitiges Portfolio ergänzen und für den Kunden relevant sind?
- Welche nachhaltigen Trends kann ich neu besetzen?
- Welche Kaufmotivation steckt hinter meinem Produkt?
- Wird es aus emotionalen oder funktionalen Gründen gekauft?
- Kann ich mit einer neuen Idee, beide Bereiche bedienen?
Dieser Artikel ist im Original am 23.05.19 im Buchreport-Channel Strategie & Transformation erschienen.
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