Gestärkt aus der Krise kommen, nachhaltig resilient werden

Die Coronakrise hat fast alle Unternehmen völlig unvorbereitet getroffen. Im Hauruck-Verfahren mussten Maßnahmen realisiert werden, um möglichst schnell für Stabilität zu sorgen – so etwa Kurzarbeit, Homeoffice, Programmänderungen. Gleichermaßen erleben viele Verlage diese Zeit aber auch als überaus produktive Phase, die von einer bemerkenswerten Kreativität geprägt ist.

Hier steckt auch die Chance auf positive Veränderungen, die den Erfolg langfristig sichern. Denn die andauernde Krise zeigt auch, dass in der Verlagsbranche in vielerlei Hinsicht dringender Handlungsbedarf besteht, um den Wandel voranzutreiben und die Weichen neu zu stellen.


Kein Schaden ohne Nutzen. Was der Volksmund gerne zitiert, könnte auch auf die Situation in der Verlagsbranche übertragen werden. Die Coronakrise hat viele Unternehmen gezwungen, ad hoc zu reagieren und vieles umzusetzen, was lange Zeit aufgeschoben oder einfach ungern thematisiert wurde.

Erstaunlich gut funktionieren jetzt schon Homeoffice und dezentrales Arbeiten, Videokonferenzen und mehr, sodass produktives Arbeiten in dieser Krise auch bei Kurzarbeit und von unterschiedlichen Standorten aus möglich ist. Allein dieser Aspekt zeigt das Potenzial für die Zukunft der Branche. Jetzt gilt es, weitere kreative Lösungen und Maßnahmen für Probleme zu finden und umzusetzen, die die Stabilität langfristig sichern.

Digitalisierung: Handlungsfeld mit großem Potenzial

Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass die Verlage, die sich schon früh mit den Möglichkeiten der Digitalisierung befasst hatten, deutlich im Vorteil waren. Anlass genug, sich spätestens jetzt zu überlegen, wie sich die Digitalisierung im Unternehmen und Arbeitsleben beispielsweise in den Abläufen, der IT, Organisation und Kommunikation, aber auch bei der Bereitstellung von Inhalten für jegliche Ausgabeformen vorantreiben lässt.

Zu den Kernthemen der Digitalisierung im Unternehmen gehört die geordnete Kommunikation. Vor diesem Hintergrund gilt es, Kommunikationskanäle und -regeln eindeutig zu definieren, eine zentrale Informationsplattform zu schaffen und Tools zu nutzen, die für Transparenz bei allen zu erledigenden Aufgaben sorgen.

Das kann naturgemäß nur funktionieren, wenn Verlage dezentral erreichbare und verteilte IT-Systeme bereitstellen. Deshalb ist es jetzt wichtig, die IT-Strategie und -Architektur zu überdenken: Von monolithischen Gesamtlösungen abzusehen und Microservices und deren Vernetzung über Schnittstellen und Dienste einzurichten. Wir empfehlen zudem die konsequente Nutzung von Cloud Services. Über Asset Management und Content Management Systeme ist es möglich, jegliche Inhalte, also Assets und deren Nutzungsrechte sowie Metainformationen, zentral bereitzustellen. So ist sichergestellt, dass die Inhalte für alle Kanäle nutzbar gemacht und alle Ausgabemöglichkeiten, also Print und Online, einbezogen werden können. Denken Sie auch daran, Rechtssicherheit für die Nutzung der Assets zu schaffen, damit Sie bei neuen Produktentwicklungen schnell und flexibel reagieren können.

Eine schnelle und flexible Vernetzung der IT, ihrer Services sowie der eigentlichen Inhalte sind die entscheidenden Faktoren für die erfolgreiche Nutzung der Potenziale in der Digitalisierung Ihres Unternehmens und Ihrer Produkte und Informationsdienste.

Die Gunst der Stunde für neue Geschäftsmodelle nutzen

Spätestens jetzt ist es Zeit, Impulse für die Zukunft zu setzen. Die aktuelle Situation setzt auf allen Ebenen viel Kreativität frei, und nun ist die Geschäftsleitung gefragt: Sammeln Sie konsequent neue Geschäftsideen bei den Mitarbeitenden ein. Strukturieren und bewerten Sie Ergebnisse und ordnen Sie diese Ihrer Digitalstrategie unter. Apropos Digitalstrategie: Die gehört auf den Prüfstand, auch eine Digital-First-Strategie ist in Erwägung zu ziehen. Behalten Sie Schnelligkeit, Flexibilität und Vernetzung im Blick, denken Sie über neue, digitale Geschäftsmodelle nach, sammeln Sie im Rahmen einer kleinen Task Force Ideen, prüfen Sie sie und planen Sie deren Umsetzung.

Sammeln Sie konsequent neue Geschäftsideen bei den Mitarbeitenden ein.

Natürlich muss die Digitalisierung des Contents immer differenziert betrachtet werden, denn ein Belletristik- und Sachbuchverlag unterliegt anderen Mechanismen als ein Kinder- und Jugendbuchverlag oder ein Fachverlag. So kann es für letzteren infrage kommen, Fachinformationen in kleinen Häppchen anzubieten und dafür digitale Vertriebswege intensiver zu bespielen.

Überdenken Sie Marketing und Vertrieb

Ebenso empfehlenswert ist es, die Marketingstrategie kritisch zu hinterfragen und mit Blick auf die aktuelle Situation anzupassen: Online-Marketing ist jetzt der angesagte Weg und erfordert eine schlagkräftige Strategie, auch die Präsenz auf Social-Media-Kanälen wird für Verlage wichtiger. Hier müssen alle Kanäle strukturiert und durchdacht bespielt werden. Darüber hinaus sollten Verlage auch den Metadaten ihrer Produkte noch mehr Aufmerksamkeit widmen. Sie liefern die Basis für contentbasiertes Marketing, das künftig noch stärker in den Vordergrund treten wird.

Es lohnt sich, mehr kreative Arbeit in die Metadaten zu investieren, damit der Kunde schneller und besser den passenden Content findet. Diese Form der Unterstützung des Handels und Direktvertriebs durch Verlage gewinnt an Bedeutung, da die Zahl der Zielkäufe zunehmen wird und die Beratung im Laden sich kürzer und effektiver gestalten muss.

Suchen Sie neue Wege der Kundenansprache

Wer die aktuelle Situation nachhaltig zu seinen Gunsten gestalten will, muss sich unweigerlich auch mit dem Vertrieb befassen. Die Diversität der Vertriebskanäle und der Kunden war und ist eine der großen Herausforderungen für Verlage. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben diesbezüglich zwar keine neuen Themen zutage gefördert. Doch die Krise erinnert an die Kernaufgaben im Vertrieb und zeigt nun mögliche Defizite bei Themen auf, die bislang nicht bearbeitet wurden – gleichermaßen bietet sich so aber auch die Chance für neue Ansätze in Vertrieb und Marketing.

Die Marketingberaterin Theresa Bolkart empfiehlt Verlagen, zunächst die Kundenbedürfnisse erneut in den Blick zu nehmen und nach Kundengruppe zu clustern. Prüfen Sie

Aus diesem Vorgehen ergeben sich für den Vertrieb neue, auf ggf. differenziertere Kundengruppen hin individualisierte Ansätze und für den Kundenkontakt andere Profilierungsmöglichkeiten. Zudem liefern die Maßnahmen eine gute Basis für den Aufbau von stabilen Partnerschaften, denn die Individualisierung schafft mehr Verbindlichkeit und Verlässlichkeit.

Ein weiterer Erfolgsfaktor für einen zukunftsfähigen Vertrieb ist die Serviceorientierung. Verlage sind gut beraten, dem Buchhandel mehr Unterstützung zu bieten, damit er ihr Programm möglichst stressfrei, schnell und übersichtlich in den Verkauf nehmen kann. Das Handlungsspektrum reicht von der Vorschau über die Präsentation bis zur Logistik.

Verlage sind gut beraten, dem Buchhandel und Direktvertrieb mehr Unterstützung zu bieten.

Schließlich ist es jetzt auch an der Zeit, die gesamte Vertriebsstrategie zu überdenken, Notwendigkeiten neu zu bewerten und gegebenenfalls auch zu verabschieden. Dazu gehört unter anderem, die wirklich verlässlichen Partner zu identifizieren, die B2C-Strategie zu definieren, Direktvertrieb und Logistik zu prüfen. Dieses Vorgehen schafft Klarheit in der Priorisierung und vorhandene Ressourcen kommen optimal zum Einsatz. Bei allen Überlegungen rund um Vertrieb und Marketing sollten Verlage den Leser, und damit die B2C-Arbeit, nicht vergessen.

Effizienz steigern, Kosten senken

Neben Digitalisierung und Vertrieb gibt es noch weitere Handlungsfelder, die die Chance bieten, Ihren Verlag mittel- und langfristig weiterzuentwickeln, flexibler und resilienter zu machen. Zum einen ist das die Steigerung der Effizienz, die Sie beispielsweise über optimierte Schnittstellen und die bessere Verteilung von Entscheidungskompetenz erreichen können. Zum anderen steht die Kostensenkung im Fokus, denn sie ist ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Verlage.

Wer Fixkosten senken will oder muss, ist gut beraten, sich mit Outsourcing zu beschäftigen. Prüfen Sie insbesondere die Leistungen zweiten Grades, also solche, die im eigenen Unternehmen ausgeführt werden können, aber nicht zwangsläufig müssen. Dazu gehören unter anderem Finanzbuchhaltung, Pressearbeit, Grafik, Satz oder auch die Herstellung. Analysieren Sie, welche Tätigkeiten unter den Gesichtspunkten von Kosten, Time-to-Market, Qualität und Kapazität ausgelagert bzw. eingekauft werden können.

Der Einkauf hat das größte Einsparungspotenzial

Last but not least gehören Einkauf und Beschaffung zu den Themen mit ganz wesentlichem Einfluss auf die finanzielle Lage eines Verlags. Es ist hinlänglich bekannt, dass Einsparungen im Einkauf das größte Potenzial für eine Ergebnisverbesserung bieten, nichts beeinflusst das Betriebsergebnis schneller und einfacher. Hier können besonders auch kleine und mittlere Verlage ihre Chancen für die Zukunft nutzen. Ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg liegt beispielsweise in Einkaufskooperationen.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass kleine und mittlere Branchenunternehmen beim Einkauf aufgrund ihrer Schnelligkeit und Flexibilität durchaus mit großen Verlagen mithalten können – außer bei Mengenvorteilen, von denen ausschließlich die Großen profitieren. Ein Ausgleich ist tatsächlich nur über Kooperationen möglich, und das, ohne den Wettbewerb in unvertretbarer Weise zu beschränken.

Kooperationen bieten überzeugende Vorteile

Das Prinzip der Einkaufsgenossenschaften ist seit Jahrzehnten bekannt und wird im Groß- und Einzelhandel ebenso lange praktiziert. Die Hauptvorteile von Einkaufskooperationen liegen einerseits darin, dass Sie mit wachsenden Einkaufsmengen bessere Preise bei den Lieferanten durchsetzen können, und andererseits in einer Effizienzsteigerung in der Beschaffung. Denn wer in einer Kooperation zum Beispiel Preislisten verhandelt, kann schneller agieren, indem er auf diese zurückgreift, und er kann die Arbeit auf mehrere Schultern verteilen und muss sie nicht allein verantworten. Aber auch aus Sicht des Lieferanten sind Einkaufskooperationen interessant, denn er muss nur mit einem Partner über ein größeres Volumen verhandeln, statt mit vielen über jeweils kleine Einzelmengen.

Um die Vorteile einer Einkaufskooperation zu nutzen, empfiehlt sich folgende Vorgehensweise:

Resilienz gewinnen

Es zeigt sich, dass sich auch eine unvorhersehbare Krise als eine Phase hoher Kreativität erweisen kann. Darin liegt die Chance, die Verlage jetzt nutzen können, um sich in Teilen neu auszurichten, neue Strategien, Lösungen und Maßnahmen zu entwickeln und zu erproben, um so letztlich resilienter gegen kommende Risiken zu werden. Viele Unternehmen haben jetzt gelernt, schnell zu reagieren, und damit auch an Flexibilität gewonnen. Jetzt gilt es, diese Erfahrungen festzuhalten und nachhaltig in die Zukunft zu tragen – ein Thema, das auch Leadership und Change Management betrifft.

Dieser Artikel ist im Original am 07.05.20 im Buchreport-Channel Strategie & Transformation erschienen.

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