Die Mitarbeitenden als Schlüssel einer wandlungsfähigen Prozessgestaltung
Effektive und reibungslose Abläufe im Verlag sind ein hehres, vor allem aber lohnendes Ziel. Doch viele Unternehmen verschenken hier wertvolles Potenzial: scheinbar funktionierende Prozesse laufen einfach weiter und bestehende Baustellen bleiben unbearbeitet. Wo nur anfangen? Wie vorgehen? Wie finanzieren? Antworten auf diese Fragen zu finden, ist scheinbar eine große Herausforderung. Andere Themen drängen in den Vordergrund – irrigerweise. Denn wer sich mit Sachverstand und in kleinen Schritten einfach auf den Weg macht und vor allem die Mitarbeitenden einbindet, ihnen Raum sowie Tools bietet, profitiert vielfältig.
Gemeinsam Schritt für Schritt in Richtung Optimierung
Das Thema ist ebenso bekannt wie auch weitverbreitet: Statt sich mit Prozessen im Unternehmen ernsthaft auseinanderzusetzen, lässt man ihnen freien Lauf. Oftmals sprechen auch historisch gewachsene Prozesse, die man angeblich nur ganz schwer angehen kann, gegen jegliche Veränderungen. Und wenn es Probleme gibt, werden diese lieber der schlecht bedienbaren Software zugeschrieben als den tatsächlich schlecht funktionierenden Arbeitsabläufen. So häufen sich über die Jahre unüberblickbare »Prozessschulden« an, und es finden sich viele kleine und auch große Prozessbaustellen verstreut in der Organisation.
Aber aus dieser Starre kann man sich lösen – und zwar gemeinsam mit den eigenen Mitarbeitenden. Ihr Bedürfnis nach reibungsfreien Abläufen ist mindestens ebenso groß wie das der Unternehmensleitung. Denn sie sind doch diejenigen, die sich tagein, tagaus mit den Auswirkungen schlecht funktionierender Prozesse herumplagen müssen. So schlummern meist bereits viel Motivation, Expertise, Gestaltungswille und Tatendrang im eigenen Team.
Es gilt, diese Kräfte zu aktivieren, indem man die Mitarbeitenden ermuntert, ihnen vertraut und gemeinsam loslegt. Sehr wohl mit Sinn und Verstand, aber ohne gleich das ganz große Rad drehen zu wollen. In Bewegung kommen und sich mit den Mitarbeitenden zusammen Schritt für Schritt in Richtung Optimierung begeben, ihnen das passende Handwerkszeug und auch den Raum zur Verfügung stellen, damit sie zusammen an besseren Prozessen arbeiten können, ist das Mittel der Wahl: gemeinsam den Weg zu finden, ohne ihn vorzugeben.
Weshalb gute Prozesse so wichtig sind
Eine Prozessoptimierung zielt üblicherweise auf das bekannte magische Dreieck »Zeit – Kosten – Qualität« ab, also darauf, Kosten zu reduzieren, die Geschwindigkeit zu erhöhen und/oder die Qualität zu verbessern. Das sind unbestritten wichtige Faktoren, vor allem angesichts der aktuellen Herausforderungen in der Branche. Aber die Dimensionen, nach denen gute Prozesse bewertet werden, verändern sich, und andere Themen stehen auf einmal im Mittelpunkt.
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Nachhaltigkeit:
Die Nachhaltigkeit von Prozessen erfährt einen immer größeren Stellenwert. Die Kunden, Mitarbeitende und der Gesetzgeber erwarten immer mehr nachhaltiges Handeln der Unternehmen. Input, Beschaffenheit und Output von Prozessen werden mit einer Nachhaltigkeitsbrille plötzlich ganz anders bewertet als bisher nach den klassischen Kriterien Kosten, Geschwindigkeit, Qualität. -
Attraktivität als Arbeitgeber:
Der Nachwuchs wird immer anspruchsvoller, was Arbeitsbedingungen betrifft. Ähnlich stehen Arbeitgeber in einem harten Wettbewerb untereinander. Ein gutes Gehalt allein reicht heute nicht mehr aus, es gibt zahlreiche weitere Faktoren, um die Attraktivität für potenzielle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erhöhen. Arbeitsabläufe, die wie geschmiert laufen, tragen maßgeblich zur Mitarbeiterzufriedenheit und damit auch zu einem positiven Arbeitgeber-Image bei. -
Wettbewerbsfähigkeit und Innovation:
In einer Welt, in der ein heute gekauftes Produkt oft morgen schon einen viel beworbenen Nachfolger hat, werden flexible Workflows, die Innovation zulassen, im Wettbewerb ein zentraler Vorteil. Deshalb investieren Unternehmen in digitale Tools, agile Methoden und neue Strategien, um Innovation voranzutreiben und die dafür notwendige Kreativität zu fördern. Jetzt kommt es darauf an, neue Gewohnheiten und Abläufe zu etablieren, um dies optimal zu unterstützen. -
Digitalisierung:
Die Digitalisierung erleichtert zwar auf den ersten Blick viele Arbeitsprozesse. Tatsächlich gilt das aber nur, wenn die Abläufe zwischen Mensch und Maschine stimmig und nachvollziehbar sind. Es greift sehr kurz, wenn die IT-Abteilung entscheidet, mit welchen Systemen in welcher Weise in Zukunft gearbeitet werden soll. Für eine Systemeinführung und auch -weiterentwicklung sind transparente Prozesse notwendig, ebenso wie auch Mitarbeitende aus den Fachabteilungen, die ein gutes prozessuales Verständnis haben und als Inputgeber, Key-User und System-Botschafter fungieren können.
Wo also anfangen?
Von einigen hausinternen Baustellen dürfte die Leitungsebene im Unternehmen meist wohl schon Kenntnis haben, zumal der Frust über misslingende Prozesse gerne lautstark geäußert wird. Wer genauer hinhört und nachfragt, lernt schnell, mit welch scharfem Blick Mitarbeitende die schwerwiegenden Probleme lokalisieren, die am meisten Schmerzen bei der täglichen Arbeit bereiten.
Oft werden erste Lösungsvorschläge gleich mitformuliert – denn wie zuvor erwähnt, machen die Mitarbeitenden sich Gedanken zu Prozessen. Diese Tatsache gilt es zu nutzen.
Wie vorgehen?
Missstände wie diese zu beheben, wirkt – vermeintlich – wie ein komplexes und aufwändiges Prozessvorhaben. Schon allein die genaue Benennung des Problems, das man zielgenau in Angriff nehmen möchte, erscheint manchmal als schwieriges Unterfangen.
Doch der Schein trügt. Denn schon eine Handvoll sorgfältig ausgewählter Mitarbeitender, organisiert in einem Projekt, genügt, um in wenigen gut moderierten Workshops eine Taskforce zu aktivieren und in einen Arbeitsmodus zu versetzen. So kann das Team schon in kurzer Zeit ein Prozessproblem umzingeln und substanzielle Verbesserungen wie folgt erzielen.
- In einem klassischen Projekt-Kick-off wird zunächst das Problem skizziert. Auf dieser Basis werden das gemeinsame Ziel, der Umfang (Scope) und der Nutzen der Optimierung formuliert. Entscheidend ist auch, alle Prozessbeteiligten und Stakeholder des Prozesses zu benennen.
- Anschließend verständigt man sich darüber, wie man als Projektgruppe grundsätzlich zusammenarbeiten und nach welchen Prinzipien man vorgehen möchte. Meist empfiehlt sich ein iteratives Vorgehen für die Erarbeitung der Optimierung.
- Gemeinsam im Team lassen sich dann schon die ersten im Zentrum der Optimierung stehenden Abläufe mit ihren wichtigsten Prozessschritten erfassen. Und zwar mit einer ganz einfachen Methodik, z. B. Karten in einem digitalen Whiteboard, damit alle sich sofort einbringen können und die Erarbeitung interaktiv stattfindet. Es ist erstaunlich, in welch kurzer Zeit hier solide Dokumentationen von Ist-Prozessen entstehen, die als erste Arbeitsgrundlage völlig ausreichen und die sich im Fortgang immer weiter ausarbeiten lassen.
- Im Anschluss lassen sich bestehende Prozessstörungen identifizieren und die potenziell stärksten Wirkhebel der Optimierung zügig und konkret herausarbeiten. Zu den folgenden Schritten gehört es, Handlungsmaßnahmen und erste Arbeitspakete abzuleiten und zu verteilen, das nächste Arbeitstreffen festzulegen – und schon geht es ganz konkret an die Arbeit.
- In regelmäßigen Abständen trifft sich das Team immer wieder, die Zwischenergebnisse werden besprochen und weitere Arbeitspakete festgelegt. Und so erarbeitet das Team nach und nach den optimierten Prozess.
- Der neue Soll-Prozess wird zuletzt gut dokumentiert (z. B. in BPMN) und für alle zugänglich gemacht, eingeführt und – ganz entscheidend – fortan durch eine prozessverantwortliche Person weiter beobachtet.
Diese Vorgehensweise ermöglicht es, ein arbeitsfähiges Team zu schaffen, das sich im Idealfall künftig gut selbst organisieren und steuern kann. Hilfreich ist auch das Sparring durch eine methodensichere Person, die das Team im Bedarfsfall unterstützt, wenn es auf Probleme stößt. So können beispielsweise mit einer Art Boxen-Stopp Fortschritte, Hindernisse und deren Überwindung in größeren zeitlichen Abständen diskutiert werden. Eine Moderation durch eine Person, die nicht Teil der Projektgruppe ist, kann Perspektiven öffnen, Impulse geben und das Team im Arbeitsmodus am Laufen halten.
Kleine Schritte, vielfacher Nutzen
Auf diese Weise erarbeitet das Team also in kleinen, iterativen Schritten die Optimierung. Und war das Vorgehen zunächst scheinbar aus der Not geboren, so werden jetzt die Vorteile sichtbar:
- Die kleinen Schritte lassen sich neben der täglichen Arbeit bewältigen.
- Ziele werden in kleinere Etappen zerlegt und damit schneller und leichter erreichbar. Damit stellt sich das Gefühl von Erfolg und Selbstwirksamkeit frühzeitig ein.
- Man hat Zeit zur Reflexion und damit die Möglichkeit, in das Handwerk der Prozessoptimierung hineinzuwachsen und darin kontinuierlich besser zu werden.
- Es entsteht ein Team, das durch Learning-by-doing befähigt wurde, sich langfristig um Prozesspflege und -optimierung zu kümmern, und sich mit dem Ergebnis stark identifiziert.
Viele Prozessoptimierungen scheitern nicht an einem guten Soll-Konzept, sondern an der anschließenden Anwendung im Arbeitsalltag. Bei der hier vorgestellten Vorgehensweise stehen die Chancen gut, dass die neuen Workflows auch wirklich gelebt werden. Denn die Prozess-Beteiligten haben die Veränderung selbst initiiert und sind von deren Vorteil überzeugt. Sie werden sie ganz sicher umsetzen wollen.
Dem Wandel der Zeit begegnen
Unternehmen, die ein solches Vorgehen durchlaufen haben, gewinnen mehrerlei: zum einen natürlich gute Prozesse, zum anderen aber auch ein Team, das wertvolles Know-how aufgebaut hat und Workflows flexibel, souverän und langfristig managen kann.
Das ist so wichtig, weil sich Arbeitsabläufe mit der Zeit naturgemäß verschlechtern. Von ihnen wird abgewichen, und unmerklich schleichen sich schlechte Routinen ein. Damit die Qualität dauerhaft erhalten bleibt, ist es wichtig, Prozesse zu hegen und zu pflegen.
Ganz entscheidend ist auch, dass Unternehmen mit einem stetigen Wandel umgehen müssen. Aktuell stehen beispielsweise drängende Belange der Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility auf dem Plan. Diese schlagen sich in nahezu allen Unternehmensprozessen nieder, weshalb es gilt, dem Wandel der Zeit auch in der Prozessgestaltung zu begegnen. Hier ist kein Mastermind, sondern die Mitwirkung aller Mitarbeitenden gefragt.
Alle Unternehmen, bei denen Menschen arbeiten, die hierbei mitgestalten können, können sich glücklich schätzen. Und Mitarbeitende, die in Unternehmen arbeiten, wo so etwas möglich ist, ebenso. Es gilt, ungenutzte Potenziale zu heben.
Dieser Artikel ist im Original im Themen-Channel »Transformation & Strategie« des DIGITAL PUBLISHING REPORT erschienen.
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